Phil 2,1-2
Ist nun bei euch Ermahnung in Christus, ist Trost der Liebe, ist Gemeinschaft des Geistes, ist herzliche Liebe und Barmherzigkeit, so macht meine Freude dadurch vollkommen, dass ihr eines Sinnes seid, gleiche Liebe habt, einmütig und einträchtig seid.
Liebe Gemeinde, liebe Leserin, lieber Leser! Auch ich soll etwas in der Kirche tun?! Aber, was, wenn mir das nicht passt, was ich da in der Kirche, in der Gemeinde erlebe? Im Philipperbrief im 2. Kapitel schreibt der Apostel Paulus (Vers 4): „Ein jeder sehe nicht auf das Seine“. Das heißt: lasst euch in eurem Zusammenleben in der Gemeinde nicht von dem leiten, was euch etwas bringt, achtet nicht auf euren Vorteil, sondern achtet auf das, was die anderen in der Gemeinde brauchen, was den anderen in der Gemeinde dient!
Der Apostel Paulus ruft damit zum Umdenken auf. Die Kirche ist kein Self-Service Kiosk, sondern sie ist Familie Gottes, dort wo der Heilige Geist wirkt. In dem 2. Kapitel des Epheserbriefes schreibt der Apostel Paulus von Christus und von dem Weg, den er für uns gegangen ist, bis zum Tod am Kreuz. Ob ihm das gefallen hat, was er auf diesen Weg bis zum Kreuz erlebt hat? Er hatte es auf jeden Fall viel besser im Himmel, in der Herrlichkeit, die sein ewiges Zuhause war. Doch Christus hat gerade nicht danach gefragt, ob es ihm passt, sondern er ging seinen Weg bis zum Kreuz aus Liebe zu uns. Er hat gar keine Ansprüche erhoben, sondern auf alles verzichtet, nur um zu tun, was für unser Heil nötig war.
Sollen wir Christus also als ganz großes Vorbild im Auge behalten? Das würde uns aber nicht unbedingt motivieren, vielleicht sogar eher frustrieren, wenn wir merken, wie wenig wir von dem tun können, was Christus tat, wie oft wir uns gerade doch immer wieder von dem leiten lassen, was uns nützt, wie wenig wir oftmals dazu bereit sind, uns auf das einzulassen, was die anderen Glieder in unserer Gemeinde brauchen.
Dem Apostel Paulus geht es hier um etwas anderes. Warum ist Christus den Weg bis zum bitteren Ende gegangen? Diesen Weg ist er für uns gegangen, dass er unsere Schuld auf sich genommen hat, die Strafe für unser Desinteresse an dem, was dem anderen dient, für unser Kreisen um uns selbst. Christus schafft neue Möglichkeiten. Er möchte gerade nicht, dass wir zugrunde gehen daran, dass wir nur an uns selbst denken und nicht tun, was Gott von uns erwartet.
Der Apostel Paulus hält uns Christus vor Augen, um uns daran zu erinnern, dass wir doch seit unserer Taufe „in Christus“ sind, mit ihm verbunden, mit ihm eins, von ihm geprägt. Das ist doch die wichtigste Frage für uns Christen, nicht, ob es uns passt, sondern ob wir Christus haben, ob der in uns lebt, ob der uns bestimmt mit seiner Liebe, mit seiner Bereitschaft zu Hingabe und Verzicht.
Und Paulus macht es uns ganz deutlich: Diesen Christus habt ihr, das gilt seit eurer Taufe, und das wird immer wieder neu in eurem Leben Realität, wenn ihr den Leib und das Blut Christi im Abendmahl empfangt. Und das wirkt sich auch schon aus in dem Zusammenleben in der Gemeinde in Philippi und auch in unserer Gemeinde in Arcadia.
Christus prägt euch, schreibt er, darum gibt es bei euch „Ermahnung in Christus“. Das gibt es bei euch, dass ihr in der Gemeinde nicht nur über die Corona-Impfe sprecht, sondern euch auch darüber Gedanken macht, wie ihr anderen Gemeindegliedern helfen könnt, bei Christus zu bleiben, die Verbindung zu ihm, zu seinem Heiligen Mahl zu halten. Das gibt es bei euch, dass ihr Menschen ansprecht, einladet, ermutigt, versucht, ihnen Brücken zu bauen, um wieder bei Christus zu Hause zu sein. Das gibt es, dass ihr Gemeindeglieder besucht, mit ihnen über ihre Sorgen, Nöte und Probleme sprecht und sie dadurch stärkt.
Christus prägt euch, schreibt der Apostel, darum gibt es bei euch „Trost der Liebe“. Das gibt es bei euch, dass Menschen, die traurig sind, in eurer Mitte Trost erfahren, dass sie erfahren, dass ihr Leid den anderen in der Gemeinde nicht gleichgültig ist, sondern dass die anderen daran Anteil nehmen. Das gibt es bei euch, dass die Gemeinde mit dabei ist, wenn eines ihrer Glieder stirbt, dass die Gemeindeglieder den Angehörigen beistehen – nicht nur an der Urnenwand, sondern dann auch wieder im Alltag. Das gibt es bei euch, dass Kranke besucht werden und für sie gebetet wird; das gibt es bei euch, dass Menschen in der Gemeinde so liebevoll aufgerichtet werden, dass sie heil werden an Leib und Seele.
Christus prägt euch, schreibt der Apostel, darum gibt es bei euch „Gemeinschaft des Geistes“. Das gibt es bei euch, dass Menschen mit ganz unterschiedlicher Biographie, mit ganz unterschiedlicher Bildung und unterschiedlicher sozialer Stellung doch in einer Gemeinde zusammengeschlossen sind, weil der Geist Gottes, den ihr empfangen habt, wichtiger ist als alle Unterschiede der Herkunft und der Stellung.
Das gibt es, dass Menschen in der Gemeinde, bewegt vom Heiligen Geist, ganz vielfältige Aufgaben in der Gemeinde übernehmen.
Und gerade darum gibt es bei euch gerade auch herzliche Liebe und Barmherzigkeit, schreibt der Apostel weiter. Das gibt es, dass ihr alle miteinander aus der Vergebung lebt, die ihr im Gottesdienst empfangt, und dass sich das dann auch auswirkt in eurem Umgang miteinander, dass ihr die Schwächen anderer nicht ausnutzt und auf ihnen herumhackt, sondern wisst, dass ihr selber auch auf Gottes Erbarmen angewiesen seid. Ja, das gibt es bei euch, dass ihr in der Kraft des Geistes Gottes immer wieder darauf achtet, was die anderen nötig haben und wo ihr selber gebraucht werdet.
Aber gerade darum, so fährt der Apostel fort, achtet auch darauf, dass ihr alles, was ihr in der Gemeinde tut, auch wirklich einmütig tut, dass sich da keiner in den Vordergrund spielt, dass alle darauf achten, was der Verkündigung der frohen Botschaft von Christus dient, und ihre eigenen persönlichen Wünsche dem unterordnen. Einmütigkeit kann immer wieder nur erbeten werden von Gott selber – und als Geschenk empfangen werden.
Schließlich zielt alles, worum es im Zusammenleben der Gemeinde geht, darauf, dass wir auf das sehen, was den anderen dient, wie Paulus es hier formuliert. Wenn ich darauf achte, was die anderen in der Gemeinde brauchen, dann frage ich nicht mehr nach mir, sondern nach den anderen. Und darum: Habt acht darauf, was die anderen in der Gemeinde nötig haben, fragt nach ihnen, hört auf sie, interessiert euch für sie! Das könnt ihr, weil ihr getauft seid, weil ihr in Christus seid, weil Christus euch immer wieder euer Versagen vergibt. Christus schafft es, was doch eigentlich Menschen unmöglich ist: Dass Gemeindeglieder aus voller Überzeugung sagen können: Christus, Kirche, Mitarbeit in der Gemeinde, Dienst für andere – darauf freue ich mich!