„Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: Im Namen Jesu Christi von Nazareth, stehe auf und geh umher!“ (Apog 3,6)
Liebe Gemeinde, liebe Leserin, lieber Leser!
Wie schön wäre es, wenn auch wir zu jedem Behinderten sagen könnten: Stehe auf und sei geheilt! Wie schön wäre es, wenn wir immer dann ein Wunder wirken könnten, wenn wir Krankheit und Not sehen. Wieviel Freude könnten wir damit zu den Menschen bringen. Aber wir können es nicht. Wir haben nicht die Gabe, die Jesus seinen Aposteln gegeben hatte und die er darüber hinaus noch ein paar anderen auserwählten Menschen gibt. Aber wir können etwas anderes nachsprechen, was Petrus damals zu dem Gelähmten gesagt hat. Wir können sagen: „Was ich habe, das gebe ich dir.“ Vielleicht hast du ja das Gold und das Silber, das die beiden Apostel damals nicht hatten, dann kannst du damit viel Not lindern. Du kannst damit auch die Mission der Kirche unterstützen und auf diese Weise dazu beitragen, dass noch mehr Menschen das Evangelium hören. Vielleicht hast du auch bestimmte Begabungen und Talente, die du weitergeben kannst. Vielleicht bist du musikalisch und kannst dich weiterbilden, sodass du einmal in der Kirche die Orgel spielen oder einen Chor leiten kannst. Vielleicht kannst du gut mit Kindern umgehen und beim Kindergottesdienst mithelfen. Vielleicht hast du ein schönes Zuhause und die Gabe der Gastfreundschaft, dann kannst du einsame Menschen zu dir einladen. Gott hat jedem von uns Gaben und Talente zugeteilt, die wir für die Gemeinde, für die Mission und für bedürftige Menschen investieren können und sollen.
Denke darüber nach, welche Gaben Gott dir persönlich geschenkt hat, und dann sage:
„Was ich habe, das gebe ich.“
Erwarte dabei aber keinen Dank und keine Anerkennung. Deine Gabe ist ja nicht dein Eigentum, das du nach Belieben verschenken oder auch für dich behalten kannst, sondern sie ist eine Leihgabe, die dir Gott gerade zu dem Zweck anvertraut hat, dass du sie zum Nutzen deiner Mitmenschen einsetzt. Der Herr wird einmal Rechenschaft von dir fordern, und wie peinlich wäre es dann, wenn du sagen müsstest, dass du dein Talent in der Erde vergraben und nichts damit erreicht hast. Petrus und Johannes waren sich bewusst, dass sie nicht ihre eigene Gabe weitergeben, und darum sagten sie: „Im Namen Jesu Christi von Nazareth, stehe auf und geh umher!“ Als sie dann im Anschluss an das Heilungswunder predigten, da sagten sie noch einmal ausdrücklich: „Was seht ihr auf uns, als hätten wir durch eigene Kraft oder Frömmigkeit bewirkt, dass dieser gehen kann?“ (Apostelgesch. 3,12). Nein die Apostel wissen sich vielmehr selbst in der Situation der beschenkten Bettler. Petrus hatte seinen Herrn einst dreimal verleugnet, aber Jesus hatte ihm vergeben. Dass Petrus hier stehen und Jesu Gabe weitergeben durfte, war allein Jesus zu verdanken.
Lasst uns diese Dinge genauso ansehen wie Petrus. Auch wir sind Behinderte – Herzensbehinderte von Mutterleib an, weil die Erbsünde in uns wohnt. Unser Heilung ist Gottes Geschenk, das wir mit unsere Taufe in Empfang genommen haben und das wir seitdem immer wieder neu zugeteilt bekommen, mit jedem Gottesdienst, mit jedem Abendmahlsgang, mit jedem christlichen Trostwort. Wir sind beschenkte Bettler. Wir haben jedem, der unser Nächster ist, etwas zu geben – gleich ob Freund oder Feind, ob sympathisch oder unsympathisch, ob schuldig oder schuldlos.
Euer Pastor,
Martin Paul