Das diesjährige Posaunenfest, am 1.und 2. Juli in Wittenberg, Südafrika, stand ganz im Zeichen der Reformation.
Vor 500 Jahren, im Jahre 1517, hat Martin Luther seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg angenagelt. Diese Handlung gilt heute als Ausgangspunkt der Kirchenreformation, und wird in diesem Jahr auf der ganzen Welt gedacht, so auch bei unserem Posaunenfest in Wittenberg, Mpumalanga. Eine sehr ausführliche Ausstellung in der Gemeindehalle erzählte die Geschichte der Reformation, und eine symbolische Schrift mit den 95 Thesen Luthers schmückten den Eingangsbereich des Festzeltes.
Das Festprogramm war überwiegend zusammengestellt mit Reformationsliedern. Die Chorleiter Heinz Niebuhr und Roland Meyer leiteten den Posaunenchor durch das Programm, Bischof Dr.Reinstorf begüsste die Festgemeinde und Pastor Helmut Paul hielt die Predigt. Es erfreute die Festgemeinde auch der Posaunenchor von der Nachbargemeinde Salem. So weit ich mich erinnere, hat schon Missionar Christoph Johannes mit einem Bläserchor in der Gemeinde Salem angefangen. Ob es noch andere Gemeinden in der LCSA gibt, die einen Bläserchor haben? Zum Abschluss des Festes wurde ein kleines Modell der Schlosskirche zu Wittenberg überreicht.
Unser alljähriches Posaunenfest ist aber noch mehr als Musik und feierlicher Gottesdienst. Das Posaunenfest ist unser eigenes „Feast of trumpets“, wenngleich es mit dem Jüdischen „Feast of trumpets“ oder Rosh Hashanah wohl wenige Berührungspunkte hat. Für uns ist es ein Freudenfest, und ein Ort der Begegnung mit unserer geistlichen Familie, mit Gott selbst, und mit vielen Menschen die zu Gott gehören und ihn lieben. Ich bin kein Theologe, aber beim Anblick des Zeltes am Posaunenfest muss ich immer denken an die Worte: „Siehe da, die Hütte GOTTES bei den Menschen.“ Wir erleben die Freude über langjährige Wiedersehen noch lange nachdem das Fest schon vorbei ist.
Für das gute Essen sei gedankt! Durch gutes Essen hat schon so mancher zum Glauben gefunden. Die freundliche entgeltlose Gabe des von eigener Hand bereiteten Essens auf unseren Kirchenfesten, bewirkt oft Staunen bei Gästen, die sonst nie zur Kirche kommen, oder die Gott nicht kennen. Es ist oft symbolisch eine „erste Begegnung“ mit dem Geschenk der Gnade Gottes, umsonst, und ohne eigenen Verdienst. Den Gemeindefrauen von Wittenberg für ihre Hingabe daher einen grossen Dank! Die herrlich geschmückten Blumen auf dem Fest, die Heubalen vor die Zeltpflöcke, einladende Tische und Stühle mit bunten Schirmen, die Pflege des Sportfeldes und der Gemeindehalle, die Bäume und Wege, freundliche Beschilderung; nichts wurde dem Zufall überlassen.
Besonders zu erleben ist auf Wittenberg immer wieder die parkähnliche Anlage mit Schule, Sportfeld, Schülerheim und Kirche, der gepflegte Friedhof, die feinen liebevollen Details. Gäste die nach Wittenberg kommen, erleben die stille Strahlkraft des Ortes weit über die Ortsgrenzen hinaus. In Zeiten des öffentlichen Zerfalls, des Chaos, und der Trauer und Mutlosigkeit, machen Bilder von liebevoll gepflegten Anlagen Mut und Hoffnung.
Auf Facebook schrieb einer, der in jungen Jahren mal zur Schule war auf Wittenberg, und der als Erwachsener nach dreissig Jahren wieder auf dem Kirchgelände vorbeikam: „..omtrent al die Duitse gemeentes waarvan ek weet se begraafplase word so uitstekend onderhou. Dit is gemeenskappe wat sig behou het van waar hulle vandaan kom en werklik respek het vir gemeenskaps-waardes. Absoluut merkwaardig en baie inspirerend….“. Andere kommentierten bei einem Bild vom Friedhof: „Whoever takes care of this cemetery now deserves a great deal of credit…” . An anderer Stelle fragten Menschen nach, als sie Photos sahen, „wofür denn die vielen Kreuze wären….“. Die hingebungsvolle Pflege eines Ortes regt viele Aussenstehende zum Nachdenken an, und erzählt auf ihre Weise von der ordnenden Kraft des Evangeliums.
Ein Ort wie Wittenberg, aber auch viele andere unserer Kirchengemeinden, machen Mut und Hoffnung. Auch der von der Wittenberger Gemeinde restaurierte Friedhof auf Bergen, mit den Namen der Verstorbenen, und der Gräber von Englischen Soldaten aus dem Burenkrieg, regen zum Nachdenken an. Denn ihre Namen sind nicht vergessen. Und sie erinnern uns daran, dass wir hier alle „nur auf der Durchreise“ sind.
Wieder zuhause, nach dem wunderbaren Fest, lese ich spätabends noch meine Facebooknachrichten. Das alte Gefühl der Verzweiflung will mich gerade wieder beschleichen, die kalte Angst, das drohende Chaos überall. Mord, Totschlag, Gewalt, Einbruch, Arbeitsverluste, Entsetzen und Panik, Korruption, Diebstahl, unsichere Zukunft. Verachtung, Spott und Hohn der Feinde, Mutlosigkeit weil keine Wende in Sicht ist.
Aber ich jage entschieden das Gefühl fort, erinnere mich daran dass Gott selbst mit uns geht durch diese Zeit, diese Welt, dieses Land, und uns tröstet durch seinen Heiligen Geist, uns zeigt, wo unsere Heimat ist. Dass das Dunkle alles vergehen wird. Dass wir zu Ihm gehören, in Seinem Reich verankert sind, inmitten aller angstmachenden Trubel unseres Alltags.
Ute Johannes